Drohende Zwangsräumung

Auch die informelle Roma-Siedlung Belvil ist von Zwangsräumungen bedroht

Auch die informelle Roma-Siedlung Belvil ist von Zwangsräumungen bedroht

In Belgrad müssen 24 Roma-Familien aufgrund einer staatlich angeordneten Umsiedlung Ende November ihre Häuser in der Siedlung Belvil verlassen. Sollten die nötigen Menschenrechtsstandards nicht eingehalten werden, könnte dies einer rechtswidrigen Zwangsräumung gleichkommen.

Appell an

BÜRGERMEISTER DER STADT BELGRAD
Dr. Siniša Mali
Office of the Mayor
Dragoslava Jovanovića 2
11000 Belgrade
SERBIEN
(Anrede: Dear Mayor / Sehr geehrter Herr Bürgermeister)
E-Mail: gradonacelnik@beograd.gov.rs

Sende eine Kopie an

SOZIALMINISTERIN DER STADT BELGRAD
Ms. Jasmina Ivanović
Secretariat for Social Welfare

  1. marta 43 – 45
    11000 Belgrade
    SERBIEN
    E-Mail: jasmina.ivanovic@beograd.gov.rs

BOTSCHAFT DER REPUBLIK SERBIEN
Herrn Miodrag Mišić
Taubertstraße 18
14193 Berlin
Fax: 030-825 2206
E-Mail: info@botschaft-serbien.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Serbisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 10. Dezember 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Es besorgt mich, dass die für Ende November geplante Umsiedlung der 24 Roma-Familien aus der Siedlung Belvil nach Orlovsko Naselje offenbar nicht angemessen vorbereitet wurde.

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass die betroffenen Familien mit angemessenem Vorlauf informiert werden, auch über den Ablauf der Umsiedlung, und dass sie regelmäßig wirksam konsultiert werden.

  • Ich befürchte, dass die Umsiedlung einer rechtswidrigen Zwangsräumung gleichkommen könnte, wenn internationale Standards nicht eingehalten werden.

  • Bitte versetzen Sie das Sozialministerium Belgrad durch angemessene personelle und finanzielle Mittel in die Lage, die Umsiedlung ordentlich durchzuführen, und beraumen Sie für die strategische Planung ein Treffen mit allen zuständigen Ministerien an. Bitte stellen Sie dringend sicher, dass die betroffenen Personen unmittelbar nach der Umsiedlung Rechtssicherheit genießen, was ihre Wohnverhältnisse angeht, und Zugang zu Schulen sowie Gesundheits- und Sozialleistungen und guten Beschäftigungsmöglichkeiten haben.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Expressing concern to the Mayor of Belgrade at the inadequate preparation by the City of Belgrade authorities for the resettlement of 24 families from the informal settlement at Belvil to Orlovsko naselje at the end of November.

  • Calling on the Mayor of Belgrade to ensure that the affected families are provided with timely information, including a timeline for their resettlement, and to ensure that meaningful and genuine consultation with them is carried out throughout the process.

  • Expressing concern that the Belgrade authorities’ failure to carry out the eviction and resettlement in accordance with international standards may result in a forced eviction.

  • Urging the Mayor to ensure that the Secretariat of Social Welfare is provided with sufficient personnel and resources to conduct the resettlement and to assist the Secretariat for Social Welfare by calling a meeting of all relevant Secretariats to plan the resettlement and ensure that affected families and individuals are provided with security of tenure, access to schools, health centres and social welfare immediately after resettlement, and that urgent measures are taken to provide resettled Roma with meaningful employment opportunities.

Sachlage

Insgesamt sollen 50 Familien aus der informellen Siedlung Belvil aufgrund eines Bauprojekts umgesiedelt werden, das von der Europäischen Investitionsbank (EIB) gefördert wird. Die Umsiedlung der ersten 24 Familien sollte ursprünglich im September stattfinden, wurde aber auf Oktober und dann ein weiteres Mal auf Ende November verschoben. Die Familien sollen in Sozialwohnungen in Orlovsko Naselje im Osten Belgrads untergebracht werden. Die übrigen 26 Familien sollen 2015 umgesiedelt werden.

Als Amnesty International die Siedlung im September besuchte, gaben viele der betroffenen Familien an, sie wären nicht über den zeitlichen Ablauf der Umsiedlung informiert worden und man hätte ihnen keine Auskunft zum aktuellen Stand gegeben. Beim letzten Treffen mit dem Sozialministerium Belgrad und der mit dem Bau der Sozialwohnungen beauftragten städtischen Baudienststelle Beoland (Direkcija za građevinsko zemljište i izgradnju Beograda) am 6. August wurden weder Datum der Umsiedlung noch genauere Details bekanntgegeben.

Zwar teilten Vertreter_innen der EIB den Familien den Aufschub der Umsiedlung inoffiziell mit, doch bis Ende Oktober waren sie noch nicht offiziell über den neu angesetzten Umsiedlungstermin informiert worden. Die Stadtverwaltung Belgrad und die EIB haben in einem Umsiedlungsaktionsplan Maßnahmen für den Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung, Sozialleistungen und Beschäftigung für die betroffenen Familien beschlossen. Laut Angaben der EIB sind diese jedoch bisher nicht eingeführt worden. In der Folge haben viele der Roma-Familien kaum Informationen über die Umsiedlung erhalten und sind zunehmend besorgt um ihre Zukunft.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die 50 Roma-Familien sind die letzten in Belvil verbliebenen Familien, nachdem städtische Behörden im April 2012 in einem anderen Teil der Siedlung eine rechtswidrige Zwangsräumung durchgeführt hatten, in deren Folge über 250 Familien vertrieben wurden. Die 50 Familien durften so lange bleiben, bis dauerhafte Unterkünfte für sie zur Verfügung stehen. Auf dem Gebiet der Siedlung sollen Zufahrtsstraßen zu einer Brücke über die Save gebaut werden. Das Bauvorhaben wird unter anderem durch ein Darlehen der EIB finanziert. Im Rahmen des Umsiedlungsaktionsplans stellte die EIB für die Auszahlung des Darlehens die Bedingung, dass die Stadt bei den Umsiedlungsmaßnahmen internationale Standards erfüllen muss. Diese Standards sollen sicherstellen, dass die Umsiedlungsmaßnahme keine rechtswidrige Zwangsräumung darstellt und dass die Rechte der betroffenen Personen geschützt werden.

Die UN-Grundsätze und Leitlinien zu Räumungen und Umsiedlungen im Rahmen von Entwicklungsprojekten legen klare Verantwortlichkeiten für staatliche Behörden einschließlich ihrer ausführenden Organe und lokalen Dienststellen fest, also auch für die Stadtverwaltung von Belgrad. Hierzu zählt beispielsweise die Verpflichtung, während der Übergangsphase und auf dem neuen Gelände alle notwendigen Versorgungsleistungen sowie wirtschaftliche Möglichkeiten bereitzustellen. Zudem müssen die Betroffenen wirksam konsultiert und unterstützt werden, damit sie aktiv an den Prozessen und Entscheidungen bezüglich der Umsiedlung teilhaben können. Darüber hinaus zielen die eigenen Umwelt- und Sozialstandards der EIB darauf ab, alle betroffenen Personen darin zu unterstützen, ihren bisherigen Lebensstandard sowie ihre Lebensgrundlage zu verbessern oder zumindest beizubehalten. Amnesty International hat die EIB vor Kurzem in einem gemeinsamen Gespräch an ihre Verantwortung erinnert, dafür zu sorgen, dass die Stadt Belgrad Menschenrechtsverletzungen vorbeugt, indem die Umsiedlung gemäß den Vorgaben des Umsiedlungsaktionsplans und entsprechend internationaler Menschenrechtsstandards durchgeführt wird.

Die übrigen 26 Familien der Siedlung Belvil sollten ursprünglich im Januar 2015 auf ein eigens ausgewiesenes Gebiet in Jabučki Rit umgesiedelt werden. Allerdings haben die Bauarbeiten dort noch nicht begonnen, weshalb nun frühestens im April 2015 mit der Umsiedlung gerechnet wird.