Hunderte Familien von Zwangsräumung bedroht

Turkmenistan

Turkmenistan

Die Behörden setzen im Norden der turkmenischen Hauptstadt Ashgabat trotz zahlreicher Beschwerden betroffener Bewohner_innen massive Abrissarbeiten fort. Hunderten Familien droht die rechtswidrige Zwangsräumung.

Appell an

PRÄSIDENT
Gurbanguly Berdymukhamedov
Presidential Palace, 744000 Ashgabat, TURKMENISTAN
(Anrede: Dear President / Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 993) 12 93 51 12
(bitte faxen Sie zwischen 11.00 und 16.00 Uhr MEZ)

Sende eine Kopie an

AUßENMINSTER
Rashid Meredov
Archabil av. 108
744000 Ashgabat
TURKMENISTAN
E-Mail: info@mfa.gov.tm
Fax: (00 993) 12 44 58 12
(bitte faxen Sie zwischen 11.00 und 16.00 Uhr MEZ)

BOTSCHAFT VON TURKMENISTAN
S.E. Herrn Toyly Atayev
Langobardenallee 14, 14052 Berlin
Fax: 030-3010 2453
E-Mail: info@botschaft-turkmenistan.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Turkmenisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 5. Juni 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie eindringlich, die Zwangsräumungen in Choganly und anderen Gebiete rund um Ashgabat auszusetzen.

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass diejenigen, die bereits vertrieben worden sind, schnellstmöglich wirksame Entschädigungsleistungen, wie Alternativunterkünfte, erhalten.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass Räumungen nur dann durchgeführt werden, wenn es keine Alternativen gibt und dass sie internationalen Menschenrechtsnormen in vollem Umfang entsprechen.

  • Sorgen Sie bitte dafür, dass diejenigen, die gegen die Räumungen protestieren, ihre Meinung zum Ausdruck bringen können, ohne deswegen Einschüchterungsversuchen, Drohungen oder Drangsalierungen ausgesetzt zu werden.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the president to halt forced evictions of residents of Choganly and other areas around Ashgabat.

  • Urging him to ensure that those forcibly evicted are provided with effective remedies including alternative housing as a matter of urgency.

  • Urging him to ensure that all evictions are carried out only as a last resort and only in strict compliance with international human rights standards.

  • Calling on them to ensure that those objecting to the evictions can express their position without being subjected to intimidation, threats and harassment.

Sachlage

In und um Ashgabat droht Hunderten Familien die rechtswidrige Zwangsräumung. Am schlimmsten betroffen ist das Viertel Choganly. Im März und April dieses Jahres haben Beamt_innen den Bewohner_innen mitgeteilt, dass sie selbst für den Abriss ihrer Häuser sorgen sollen, ansonsten würden die Behörden dies übernehmen. Die Behörden behaupten, dass einige der betroffenen Häuser als Ferienhäuser (Datschen) gedacht und andere illegal errichtet worden seien. Daher würden den Eigentümer_innen und Bewohner_innen weder Entschädigungsleistungen noch Alternativunterkünfte oder –grundstücke zustehen.

Laut Medienberichten haben viele der betroffenen Familien ihre Häuser als Hauptwohnsitz oder einzigen Wohnsitz genutzt. Einige Familien waren bereits zuvor im Rahmen der Stadtentwicklung vertrieben worden. Sie erhielten unbebaute Landparzellen und Plastikzelte in Choganly. Dort errichteten sie neue Häuser und bauten Getreide an. Andere waren auf der Suche nach Arbeit aus anderen Provinzen in die Hauptstadt gezogen und hatten Häuser mit möglichst niedrigen Mieten angemietet. Die Anzahl der Häuser, die von den aktuellen Abrissplänen betroffen sind, wird auf zwischen 13.000 und 18.000 geschätzt.

Laut der Nachrichtenagentur Alternative Turkmenistan News ist die Hälfte der Häuser in den betroffenen Gebieten bereits in den vergangenen Wochen abgerissen worden. Turkmenistan-Expert_innen sehen eine Verbindung zwischen den aktuellen Zwangsräumungen und dem Bau von Einrichtungen für die 2017 stattfindende Multisportveranstaltung Asian Indoor and Martial Arts Games sowie einem Stadtentwicklungsprojekt, im Rahmen dessen bestehende Häuser durch moderne Wohnblöcke ersetzt werden sollen.

Der Abriss der Häuser verstößt gegen internationale Menschenrechtsnormen zu Räumungen. Die Bewohner_innen in den betroffenen Gebieten sind nicht rechtzeitig im Voraus über die Räumungspläne in Kenntnis gesetzt worden. Zudem hat keine Konsultation über mögliche Alternativen zu den Räumungen stattgefunden, und es wurden keine alternativen Unterkünfte bereitgestellt. Laut Turkmen Initiative for Human Rights, einer NGO mit Hauptsitz in Wien, werden die Personen, die sich gegen die Räumungen aussprechen, von den Behörden drangsaliert und eingeschüchtert.

Turkmenistan ist Vertragsstaat mehrerer internationaler Menschenrechtsabkommen, einschließlich des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, laut dem ein Staat rechtswidrige Zwangsräumungen verhindern und unterlassen muss.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Menschenrechtslage in Turkmenistan ist sehr schlecht. Andersdenkende, Journalist_innen und Menschenrechtsverteidiger_innen werden systematisch drangsaliert, und es gibt immer wieder Berichte über Folter und anderweitige Misshandlungen von Gefangenen durch Sicherheitskräfte. Zudem werden die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit im ganzen Land verletzt.

Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist es den turkmenischen Behörden erfolgreich gelungen, zu verhindern, dass Berichte über die im Land begangenen Menschenrechtsverletzungen die internationale Gemeinschaft erreichen. Es gibt nur sehr wenige Informationen zu den tatsächlichen Lebensbedingungen in Turkmenistan. Unabhängige Beobachter_innen dürfen das Land nicht betreten und der Informationsfluss aus dem Land selbst wird extrem eingeschränkt. Es gibt keine wirkliche politische Opposition, keine unabhängigen Medien und nicht eine einzige Menschenrechtsorganisation, die in Turkmenistan uneingeschränkt arbeiten kann. Dissens wird brutal unterdrückt, und ein Klima der Angst herrscht selbst weit über die Grenzen des Landes hinaus. Weitere Informationen finden Sie in dem englischsprachigen Amnesty-Bericht: Turkmenistan: An "Era of Happiness" or more of the same repression? unter www.amnesty.org/en/documents/eur61/005/2013/en/.