Erneut kurze Haft für Aktivistinnen

Icon: Stilisierte Frauen

Die Oppositionsaktivistinnen Joanna Mamombe, Netsai Marova und Cecilia Chimbiri wurden zusammen mit ihrer Anwältin am 31. Juli erneut von der Polizei in Haft genommen, als sie sich gemäß ihren Bewährungsauflangen auf der Zentralwache in Harare melden wollten. Joanna Mamombe und Netsai Marova wurden später ohne Anklage wieder freigelassen. Cecilia Chimbiri kam erst wieder frei, nachdem sie angeklagt wurde einen Polizisten beleidigt zu haben. Zuvor hatte ein Soldat sie fälschlicherweise beschuldigt, ihn beleidigt zu haben, und sie mit einer Peitsche angegriffen.

Appell an

Minister für innere Angelegenheiten und Kulturerbe

Hon Kazembe Kazembe 

Minister of Home Affairs and Cultural Heritage

11th Floor Mukwati Building

Cnr 4th Street and Selous Avenue


P Bag 7703, Causeway

Harare

SIMBABWE

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Simbabwe

S. E. Herrn Paul Chikawa

Kommandantenstraße 80

10117 Berlin

Fax: 030 204 550 62


E-Mail: infor@zimembassyberlin.com

Amnesty fordert:

  • Lassen sie die konstruierten Anklagen gegen die drei Aktivistinnen fallen.
  • Führen Sie eine gründliche, unabhängige, unparteiische, transparente und zielführende Untersuchung ihres Verschwindenlassens aus dem staatlichen Gewahrsam durch und auch ihrer Vorwürfe über sexualisierte Gewalt und Folter.
  • Stellen Sie diejenigen vor Gericht, die mutmaßlich dafür verantwortlich sind und stellen Sie sicher, dass die Betroffenen und ihre Familien Zugang zur Justiz und wirksamen Rechtsbehelfen, darunter Entschädigungen, Wiedergutmachungen, Rehabilitation und Nicht-Wiederholungsgarantien erhalten.

Sachlage

Die drei Aktivistinnen Joanna Mamombe, Cecelia Chimbiri und Netsai Marova werden in Simbabwe weiterhin strafrechtlich verfolgt. Sie waren im Mai entführt worden. Ihnen wurde sexualisierte Gewalt angetan, sie wurden gefoltert und dann ins Krankenhaus gebracht. Anlass war, dass sie eine Demonstration zu dem Versagen der Regierung angeführt hatten, in Armut lebenden Menschen  während des Covid-19-Lockdowns sozialen Schutz bereitzustellen.

Am 31. Juli wurden die drei Aktivistinnen nach einer Vorladung dem Gericht vorgeführt. Anlass waren Beschuldigungen vom 10. Juni, "falsche Erklärungen kommuniziert und veröffentlicht zu haben, die dem Staat schaden" und "den Verlauf des Rechts zunichte machen oder behindern". Nach ihrem Erscheinen vor Gericht begaben sie sich gemäß ihren Bewährungsauflagen mit ihrer Anwältin zur Zentralwache in Harare. In der Nähe der Parteizentrale der herrschenden ZANU-PF Partei wurden sie von Polizei und Soldat_innen gestoppt.  Ein Soldat beschuldigte Cecilia Chimbiri fälschlich, ihn beleidigt zu haben, und schlug sie mit einer schweren Lederpeitsche. Die drei Aktivistinnen wurden zusammen mit ihrer Anwältin festgenommen und zur Zentralwache Harare gebracht. Dort weigerte sich die Polizei, die Beschwerde von Cecilia Chimbiri aufzunehmen und zeigte sie an, einen Polizeibeamten beleidigt zu haben. Sie wurde später freigelassen und wird nun vor Gericht gestellt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Joanna Mamombe (Abgeordnete der MDC Alliance für Harare West), Cecilia Chimbiri (stellvertretende Vorsitzende der nationalen Jugendvertretung der MDC(A)) und Netsai Marova () stellvertretende Organisationssekretärin der Jugendvertretung der MDC(A)) wurden am 13. Mai 2020 inhaftiert, weil sie am selben Tag einen regierungskritischen Protest anführten, der die Maßnahmen staatlicher Behörden gegen die COVID-19-Pandemie und die dadurch verschärfte Hungersnot im Land thematisierte.  Sie wurden an einer mit Polizeikräften und Soldat_innen besetzten Straßensperre auf der Bulawayo Road in der Nähe von Warren Park in Harare festgenommen. Anschließend brachten die Sicherheitskräfte die drei Frauen zur Harare Central Police Station, wo sie in ein zweites Fahrzeug umsteigen mussten, das sie angeblich zu einer anderen Polizeistation, der Warren Park Police Station, bringen sollte. Nachdem ihnen nach eigenen Angaben Säcke über den Kopf gestülpt worden waren, fuhr man sie zu einem unbekannten Ort und schlug sie dort auf die Fußsohlen und zwang sie, menschliche Exkremente zu essen. Außerdem kam es zu sexuellen Übergriffen.  Der Polizeisprecher Simbabwes, Assistant Commissioner Paul Nyathi, bestätigte die Festnahme am 14. Mai 2020, konnte aber nicht sagen, in welcher Einrichtung sich die drei Frauen befanden.  Am selben Tag noch bestritt die Polizei über ihren offiziellen Twitter-Kanal, die Aktivistinnen in ihrem Gewahrsam zu haben.

In den frühen Morgenstunden des 15. Mai 2020 wurden die drei Frauen dann in der 87 km von Harare entfernten Stadt Bindura gefunden, mit zerrissener Kleidung und in schlechter körperlicher Verfassung.  Sie wurden in ein Krankenhaus gebracht. Während sie im Krankenhaus ware, wurden die drei Aktivistinnen angeklagt. Bei der Anklage geht es um zwei unterschiedliche Verstöße: zum einen gegen Abschnitt 37 des Strafgesetzbuchs, der Versammlungen mit dem Vorsatz der Anstiftung zu Gewalt und Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung mit bis zu fünf Jahren Haft oder einer Geldstrafe oder beidem belegt; zum anderen gegen Abschnitt 5(1) und 5(3) der Rechtsverordnung 99/20, der Versammlungen verbietet und mit einem Jahr Haft oder einer Geldstrafe oder beidem ahndet. Das zuständige Gericht ließ die Sache im Krankenhaus verhandeln. Es legte eine Kaution von 1.000 Simbabwe-Dollar fest.

Am 10. Juni wurden die drei Aktivistinnen festgenommen, als sie in den Büros ihrer Rechtsbeistände waren. Ihnen wurde am 15. Juni die Kaution verweigert und sie kamen bis zum 26. Juni in Untersuchungshaft. Im Gewahrsam wurde ihnen der Zugang zu Nahrungsmittel von ihrem Angehörigen verweigert. Ihre Rechtsbeistände legten vor dem Hohen Gericht Rechtsmittel ein. Am 26. Juni gewährte ihnen das Hohe Gericht schließlich die Freilassung gegen Kaution unter strengsten Auflagen, darunter die Zahlung von 10.000 simbabwischen Dollar, sich dreimal wöchentlich bei der Polizei zu melden und dem Verbot, direkt oder indirekt über ihre Situation mit öffentlichen oder privaten Medien oder in den Sozialen Medien zu kommunizieren.

Am Tag ihrer Festnahme, dem 10. Juni forderten neun UN-Sonderberichterstatter_innen eine Ende ihrer Entführung und Folter und das umgehende Fallenlassen der Anklagen. Einige Angehörige der Regierung, darunter der Justizminister, der Ständige Sekretär im Ministerium für Medien, Information und Rundfunk, stritten ihr Verschwindenlassen ab und behaupteten, es sei von der Opposition inszeniert worden. Der Justizminister forderte ihre Festnahme. Der Minister für innere Angelegenheiten und Kulturerbe gab eine Erklärung ab, in der er ihre Geschichte anzweifelte und sie beschuldigte, westliche Sympathien zu suchen, ehe eine Untersuchung aufgenommen wurde. Er beschuldigte zudem die Ärzt_innen, die sie untersucht hatten, einer regierungsfeindlichen Haltung.

Am 13. August stellte ein Richter nach der Behauptung, sie sei nicht vor Gericht erschienen, in Harare irrtümlich einen Haftbefehl für Joanna Mamombe aus. Der Haftbefehl wurde zurückgenommen, nachdem die Staatsanwaltschaft dank einer Intervention ihrer Anwältin feststellte, dass Joanna Mamombe an dem betreffenden Tag gar nicht vor Gericht erscheinen sollte.