Amnesty Journal Kambodscha 18. Juli 2013

Ein Schritt in die richtige Richtung

Die Aufhebung der langjährigen Haftstrafe gegen den Journalisten und Regierungskritiker Mam Sonando ist ein Erfolg für die Meinungsfreiheit in Kambodscha.

Von Katharina Nägler

Ein drakonisches Urteil wurde nun gekippt: "Zwanzig Jahre Haft wegen Anstiftung zum Aufstand", so hatte im Oktober 2012 der Richterspruch gegen den bekannten kambodschanischen Journalisten und Regierungskritiker Mam Sonando gelautet. "Dieses Urteil war unerklärlich. Dem Gericht wurden keinerlei Beweismittel vorgelegt, die belegt hätten, dass dieser Aufstand überhaupt stattgefunden hat oder dass Mam Sonando daran beteiligt war", sagt Rupert Abbott, Kambodscha-Experte von Amnesty International, der Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung verfolgte.

Der Schuldspruch des vergangenen Jahres legt den Verdacht politischer Einflussnahme nahe. Die Verurteilung des 72-Jährigen stand im Zusammenhang mit der gewaltsamen Räumung des Dorfes Pro Ma. Die Gemeinde war in einen langwierigen Landkonflikt mit einem Kautschukunternehmen verwickelt. Im Mai 2012 vertrieben die Behörden fast tausend Familien gewaltsam aus dem Dorf, dabei wurde ein 14-jähriges Mädchen erschossen. Ihr Tod ist bis heute nicht aufgeklärt. In einer beim Internationalen Strafgerichtshof eingereichten Klage werden der kambodschanischen Regierung rechtswidrige Zwangsräumungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. Hierüber hatte Mam Sonando in einer Sendung seines "Beehive Radio" berichtet, einem der wenigen unabhängigen Radiosender des Landes. Daraufhin unterstellte der kambodschanische Ministerpräsident Hun Sen in einer Rede Mam Sonando, er habe die Abspaltung Pro Mas von Kambodscha geplant.

Der Journalist hat die NGO "Association of Democrats" gegründet, die sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzt. Amnesty vermutet hierin und in der großen Popularität seines Radiosenders die wahren Gründe für seine Verhaftung. Mam ­Sonando wurde bereits mehrfach wegen Beiträgen von "Beehive Radio" inhaftiert: 2003, als er über Ausschreitungen gegen Thailänder in Phnom Penh berichtete, und zwei Jahre später wegen eines Interviews der Gruppe "Cambodia’s Border Committee", die die Grenzpolitik Kambodschas kritisiert. Damals wurde er wegen "Verleumdung", "Falschinformation" und "Aufwiegelung" angeklagt. Nach internationalem Druck konnte Mam Sonando das Gefängnis nach drei Monaten verlassen.

Die Verurteilung des Journalisten im Oktober 2012 zu zwanzig Jahren Haft wegen "Anstiftung zum Aufstand" löste ebenfalls Kritik aus. Amnesty International betrachtete Mam Sonando als gewaltlosen politischen Gefangenen, der aufgrund der Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung verfolgt wird. Ein Antrag auf Freilassung gegen Kaution wurde abgelehnt. Im März 2013 hob ein Berufungsgericht die zwanzig­jährige Haftstrafe gegen Mam Sonando auf und verurteilte ihn stattdessen zu fünf Jahren Haft wegen "Anstiftung zu rechtswidrigem Abholzen und Besetzen eines Waldstücks". Zu diesem Zeitpunkt hatte der Journalist bereits acht Monate in Haft verbracht. Die Reststrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Zwar gibt es Zweifel an der Fairness des Prozesses wegen der neuen Anklagepunkte, Amnesty International begrüßt jedoch die Freilassung von Mam Sonando und sieht darin eine positive Entwicklung in Richtung Meinungsfreiheit in Kambodscha.

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