Amnesty Report Litauen 07. Juni 2016

Litauen 2016

 

Auf nationaler Ebene wurde die Untersuchung des Vorwurfs fortgeführt, Litauen habe auf seinem Hoheitsgebiet eine geheime Einrichtung des US-amerikanischen Geheimdienstes CIA beherbergt, in der Gefangene gefoltert worden seien. Eine Entscheidung über einen damit zusammenhängenden Fall war vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig. Transgeschlechtlichen Personen blieb eine Änderung des amtlichen Geschlechts weiterhin verwehrt.

Antiterror- und Sicherheitsmaßnahmen

Arvydas Anušauskas, Parlamentsabgeordneter und ehemaliger Vorsitzender eines Parlamentsausschusses, der die Vorwürfe über ein geheimes Haftzentrum des US-amerikanischen Geheimdienstes CIA in Litauen untersucht hatte, erklärte öffentlich, dass ein im Dezember 2014 von einem US-Senatsausschuss veröffentlichter Bericht "schlüssig nachweist, dass tatsächlich Gefangene in der Einrichtung in Litauen festgehalten wurden". Im Januar 2015 publizierte die NGO Reprieve ein Dossier, das von der Organisation recherchierte neue Beweise sowie Informationen aus dem Bericht des US-Senats enthielt. In diesem Dossier wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass die CIA in den Jahren 2005 und 2006 "ohne jeden Zweifel" in Litauen Personen in geheimer Haft gehalten hat.

Im April 2015 kam es zur Wiederaufnahme einer bereits abgeschlossenen Untersuchung der Vorwürfe über die Existenz einer geheimen CIA-Einrichtung. Sie war gekoppelt mit einer laufenden Untersuchung zum Fall des saudi-arabischen Staatsbürgers Mustafa al-Hawsawi, der angegeben hatte, zwischen 2004 und 2006 in Litauen in einer geheimen Hafteinrichtung festgehalten und gefoltert worden zu sein. Zum Jahresende 2015 waren die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen.

Im September 2015 wurde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte die endgültige Fassung der von Abu Zubaydah erhobenen Beschwerde gegen Litauen eingereicht. Seinen Aussagen zufolge war er zwischen Februar 2005 und März 2006 von der CIA in Litauen in geheimer Haft gehalten worden. Der litauische Generalstaatsanwalt hatte sich geweigert, die rechtswidrige Überstellung, die geheime Haft und die Folter von Abu Zubaydah, der weiter im US-Gefangenenlager Guantánamo Bay auf Kuba inhaftiert war, zu untersuchen. Das abschließende Urteil des Europäischen Gerichtshofs war zum Jahresende noch anhängig.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgeschlechtlichen und Intersexuellen

Transgeschlechtlichen Personen wurde aufgrund von Gesetzeslücken nach wie vor keine Möglichkeit einer Änderung des amtlichen Geschlechts und die damit einhergehende offizielle Anerkennung der gewünschten Geschlechtsidentität gewährt. Zum Jahresende 2015 war ein Gesetzentwurf, der das Ziel hatte, Geschlechtsangleichungen zu verbieten, beim Parlament anhängig.

Das Parlament beriet über mehrere Gesetzentwürfe zu eingetragenen Partnerschaften. Im Oktober 2015 wurde ein vom Justizministerium eingebrachter Entwurf zu eingetragenen Partnerschaften für heterosexuelle Paare vom Parlament abgelehnt. Der Justizminister sprach sich ausdrücklich gegen eingetragene Partnerschaften gleichgeschlechtlicher Paare aus.

Ende 2015 waren zu einem Vorschlag, der das Verbot eingetragener Lebenspartnerschaften für alle Paare vorsah, und zu einem zweiten Vorschlag, der vorsah, solche Partnerschaften für alle Paare einzuführen, noch keine Beschlüsse gefasst worden. Das Parlament hatte zudem die Überprüfung mehrerer Gesetzesentwürfe, die darauf abzielen, die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgeschlechtlichen und Intersexuellen einzuschränken, noch nicht abgeschlossen.

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