Amnesty Report Lettland 07. Juni 2016

Lettland 2016

 

Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgeschlechtliche und Intersexuelle wurden durch eine Reform des Schulgesetzes diskriminiert, die das Parlament 2015 verabschiedete. Außerdem waren sie weiterhin nur unzureichend vor Hassverbrechen geschützt. Mehr als 262 000 in Lettland lebende Personen blieben weiterhin staatenlos. Einsprüche gegen abgelehnte Asylanträge hatten keine aufschiebende Wirkung. Die Betroffenen liefen damit Gefahr, in Länder abgeschoben zu werden, in denen ihnen Menschenrechtsverletzungen drohten.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgeschlechtlichen und Intersexuellen

Im Juni 2015 verabschiedete das Parlament eine Reform des Schulgesetzes. Es verpflichtet die Schulen, "Moral"-Unterricht zu erteilen, der sich an den Werten der Verfassung orientiert. Dazu gehört u. a., dass die Ehe ausschließlich als Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau definiert ist. Mit dem neuen Gesetz riskiert Lettland, gegen internationale Verpflichtungen zu verstoßen, was die Achtung der Meinungsfreiheit und das Diskriminierungsverbot von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgeschlechtlichen, Intersexuellen und ihren Familien betrifft. Außerdem bestand die Befürchtung, die Reform könnte den Zugang von Minderjährigen zu Sexualität und Sexualerziehung einschränken und damit ihr Recht auf Gesundheit beeinträchtigen.

Die Tatsache, dass das Strafrecht die Anstiftung zu Hass und Gewalt aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität nicht ausdrücklich erfasst, bot weiterhin Anlass zur Sorge. In den ersten neun Monaten des Jahres 2015 dokumentierte die lettische NGO Mozaika 14 Angriffe auf Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgeschlechtliche und Intersexuelle, die zu leichten Verletzungen führten. Die Betroffenen berichteten Mozaika, sie hätten die Angriffe nicht bei der Polizei angezeigt, weil sie befürchteten, dort nicht ernst genommen zu werden.

Im Juni 2015 fand in der Hauptstadt Riga die EuroPride statt, ohne dass es zu größeren Zwischenfällen kam. An dem internationalen Treffen zur Unterstützung der Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgeschlechtlichen und Intersexuellen nahmen etwa 5000 Personen teil, darunter auch drei lettische Parlamentsabgeordnete. Die Behörden erlaubten einen Demonstrationszug durch die Hauptstraße von Riga. Mit 2,2 km war die Strecke vier Mal so lang wie in den vergangenen Jahren. Die Polizei sorgte für einen ausreichenden Schutz der Teilnehmenden.

Diskriminierung staatenloser Personen

Es gab 2015 immer noch sehr viele staatenlose Personen in Lettland. Nach Angaben des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge waren zu Beginn des Jahres mehr als 262 000 Personen staatenlos, die meisten von ihnen waren russischer Herkunft. Staatenlose konnten nach wie vor keine politischen Rechte wahrnehmen.

Flüchtlinge und Asylsuchende

Die Zahl der Asylsuchenden war 2015 weiterhin gering. In den ersten acht Monaten des Jahres wurden ungefähr 200 Asylanträge gestellt, die Anerkennungsrate war nach wie vor extrem niedrig. Im September 2015 erklärte sich Lettland jedoch bereit, 531 Asylsuchende aus anderen EU-Staaten aufzunehmen. Es bestand weiterhin Besorgnis, weil Asylsuchende in vielen Fällen inhaftiert wurden und Beschwerden gegen abgelehnte Asylanträge im Rahmen des beschleunigten Asylverfahrens keine aufschiebende Wirkung hatten. Dadurch erhöhte sich für die betroffenen Personen das Risiko, in Länder abgeschoben zu werden, in denen ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen drohten.

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