Amnesty Report 08. Mai 2015

Sambia 2015

 

Die Menschenrechtslage verschlechterte sich in der Amtszeit von Präsident Sata weiter. Die Aushöhlung von Grundfreiheiten ging mit einem systematischen Vorgehen gegen Regierungsgegner, die Zivilgesellschaft und sexuelle Minderheiten einher.

Hintergrund

Nach dem Tod von Präsident Michael Chilufya Sata im Oktober 2014 wurde Vizepräsident Guy Scott als Übergangspräsident eingesetzt. Innerhalb der Regierungspartei Patriotic Front kam es zu Spannungen und zur Bildung von zwei Lagern bezüglich der Frage, wer als Kandidat für die Präsidentschaftswahl am 20. Januar 2015 aufgestellt werden soll. Dies führte zu gewaltsamen Auseinandersetzungen von rivalisierenden Parteianhängern.

Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit

Im Januar 2014 wurde Frank Bwalya, Chef der Oppositionspartei Alliance for a Better Zambia, festgenommen und wegen Diffamierung angeklagt, weil er in einer Live-Sendung im Radio den damaligen Präsidenten Sata mit einer Süßkartoffel verglichen haben soll. Nach Angaben der Behörden hatte er einen Ausdruck aus der Bantusprache Bemba verwendet, der einen Menschen beschreibt, der keinen Rat annimmt. Im Juli bestätigte das Amtsgericht Kasama mit einem Freispruch das Recht Bwalyas auf freie Meinungsäußerung.

Im Februar sprach ein Gericht in der Hauptstadt Lusaka den Menschenrechtsverteidiger Paul Kasonkomona frei, der im April 2013 wegen "Aufforderung zur Unzucht" unter Anklage gestellt worden war, weil er in einer Fernsehdiskussion die Regierung dringend darum gebeten hatte, als Teil einer wirksamen Bekämpfung von HIV/Aids die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen (LBGTI) anzuerkennen. Das Gericht befand, die Anklage habe keine ausreichenden Beweise vorgelegt. Die Regierung kündigte Rechtsmittel gegen das Urteil an.

Im selben Monat beschlossen 460 NGOs, die nach einem Gesetz von 2009 (Non-Governmental Organizations Act) vorgeschriebene Registrierung zu verweigern. Es bestanden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes, weil es die Rechte auf Vereinigungsfreiheit und Freizügigkeit einschränkt. Die Regierung hatte 2013 angekündigt, dass NGOs, die sich nicht registrieren lassen, ihre Arbeit nicht fortsetzen dürften.

Am 12. März nahm die Polizei in Lusaka bei einem Marsch anlässlich des Jugendtags 49 Jugendliche fest, weil sie T-Shirts und Plakate mit der Aufforderung "Gebt uns unsere Verfassung – jetzt" trugen. Die Jugendlichen wurden voneinander getrennt und mindestens sechs Stunden lang festgehalten, ehe man sie nach Erteilung einer Verwarnung wieder freiließ.

Berichten zufolge wurden vier von ihnen auf der zentralen Polizeiwache von Lusaka von Polizisten mit Fäusten traktiert, was bei einer Person zu einer schweren Ohrverletzung führte. Die Jugendlichen sollen gezwungen worden sein, ihre T-Shirts auszuziehen, so dass einige von ihnen, darunter auch mehrere junge Frauen, teilweise unbekleidet waren.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen

In Sambia wurden Menschen wegen ihrer tatsächlichen oder mutmaßlichen sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität eingeschüchtert, schikaniert und strafrechtlich verfolgt. Aufgrund homophober Übergriffe, die von den Behörden noch unterstützt wurden, mussten LGBTI-Personen nach wie vor in ständiger Angst leben.

Nachdem 2013 hochrangige Regierungsvertreter die Bevölkerung aufgefordert hatten, in ihrer Nachbarschaft lebende LGBTI-Personen zu melden, wurden viele dieser Menschen im Jahr 2014 weiterhin durch ihr familiäres Umfeld, ihre Nachbarschaft und die Polizei schikaniert und eingeschüchtert. Meist wurden solche Vorfälle von den Betroffenen nicht angezeigt, und mit Schutz oder Unterstützung seitens des Staates war nicht zu rechnen.

Am 3. Juli 2014 sprach das Gericht der Stadt Kapiri Mposhi zwei Männer frei, die nach dem Gesetz gegen Unzucht angeklagt waren. James Mwape und Philip Mubiana konnten nach über einem Jahr Haft das Gefängnis wieder verlassen. Sie wiesen die Anschuldigung zurück, "Geschlechtsverkehr entgegen der natürlichen Ordnung" gehabt zu haben.

Das Gericht befand, die Anklage habe den Tatvorwurf nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Die beiden 22-jährigen Männer waren am 25. April 2013 zum ersten Mal festgenommen und bis zum 2. Mai in Haft gehalten worden, bevor sie gegen Kaution freikamen. Am 5. Mai 2013 wurden sie erneut festgenommen und gegen ihren Willen einer rektalen Untersuchung durch einen staatlichen Arzt unterzogen. Dies stellt einen Verstoß gegen das Verbot von Folter und anderer Misshandlung dar.

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