Aktuell Erfolg 19. August 2021

Katar: Kenianischer Arbeitsrechtsaktivist Malcolm Bidali darf nach Zahlung einer Geldstrafe ausreisen

Das Bild zeigt einen jungen Mann am Ufer eines Flusses oder einer Bucht.

Der Aktivist Malcolm Bidali aus Kenia setzt sich in Katar für die Rechte von Arbeitnehmenden ein.

Der kenianische Arbeitsrechtsaktivist Malcolm Bidali, der am 4. Mai von den katarischen Behörden entführt und einen Monat lang in Isolationshaft gehalten wurde, durfte das Land endlich verlassen. Sein Menschenrechtsaktivismus kam ihm teuer zu stehen, in Form einer Geldstrafe. Der 28-Jährige arbeitete als Wachmann und betätigte sich zudem als Blogger und Aktivist. Er sprach offen über die schwierige Situation, der Arbeitsmigrant_innen wie er in Katar ausgesetzt sind, und hat Artikel für zahlreiche Online-Plattformen verfasst.

Am 14. Juli erließ der Oberste Justizrat von Katar einen Strafbefehl, in dem es hieß, Malcolm Bidali habe "falsche Nachrichten mit der Absicht, das öffentliche System des Staates zu gefährden" verbreitet und veröffentlicht. Er wurde angeklagt, nur weil er seine Meinung geäußert hatte. Die Anklage verstößt gegen internationale Menschenrechtsstandards und insbesondere gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung. Die katarischen Behörden müssen den ungerechtfertigten Schuldspruch aufzuheben. Die Geldstrafe betrug 25.000 QR (ca. 5.800 Euro). Außerdem wurde sein Mobiltelefon beschlagnahmt und seine Social-Media-Konten auf Twitter und Instagram (@NoahArticulates), über die "das Verbrechen begangen wurde", gesperrt.

Während seiner gesamten Haftzeit wurde Malcolm Bidali der Zugang zu einem Rechtsbeistand verweigert. Der Strafbefehl wurde erlassen, ohne dass er jemals angeklagt, vor Gericht gestellt oder auch nur über die Art der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe informiert worden wäre. Auch nach seiner bedingten Haftentlassung am 31. Mai und nachdem er Zugang zu einem Rechtsbeistand hatte, wurden diese rechtlichen Grundsätze nicht eingehalten.

Ich möchte mich bei allen bedanken, die sich für mich eingesetzt haben - von dem Moment an, als ich festgenommen wurde, bis hin zu meiner Freilassung.

Malcolm
Bidali
Kenianischer Arbeitsrechtsaktivist

Obwohl der Strafbefehl auf den 14. Juli datiert ist, wurde Malcolm Bidali erst zwei Wochen später davon in Kenntnis gesetzt, so dass ihm nur ein Tag blieb, um Rechtsmittel dagegen einzulegen. Eine Organisation, die sich für die Rechte von Arbeitsmigrant_innen einsetzt, bezahlte dann die Geldstrafe, und er durfte Katar am 16. August verlassen.

Nach seiner Ausreise sagte Malcolm Bidali: "Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich angesichts der gegen mich erhobenen Vorwürfe (relativ) ungeschoren davongekommen bin. Ungeheuerliche Vorwürfe und eine noch ungeheuerlichere Geldstrafe, weil ich einfach nur unsere Erfahrungen weitergegeben und auf die Mängel bei den Stellen, die für die Wohlfahrt der Arbeitnehmer zuständig sind, hingewiesen habe. Das hat nichts mit 'Fehlinformation' zu tun. Was ich daraus gelernt habe, ist, dass a) die freie Meinungsäußerung teuer ist und b) die freie Meinungsäußerung ungemein wirksam ist. Letzteres ist der Grund, warum so viele Aktivist_innen und Anwält_innen das tun, was sie tun, trotz der sehr realen Risiken, die damit verbunden sind. Es ist eine Ehre für mich, zu ihnen zu gehören. Ich möchte mich bei allen bedanken, die sich für mich eingesetzt haben - von dem Moment an, als ich festgenommen wurde, bis hin zu meiner Freilassung."

Hintergrund

Seit seiner Ankunft im Jahr 2018 in Katar setzte sich Malcolm Bidali an vorderster Front für eine Reform der dortigen Arbeitsgesetze ein. Unter anderem schrieb er über seine Erfahrungen als Arbeitsmigrant und twitterte unter einem Pseudonym über Verstöße gegen Arbeitsrechte in Katar. Eine Woche vor seiner Festnahme hielt er vor einer großen Gruppe von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Gewerkschaften einen Vortrag über seine Arbeitserfahrungen in Katar.

Am 26. April 2021 markierte ein Twitter-Nutzer Bidali in einem Tweet, der eine Grafik enthielt, die Human Rights Watch für einen Bericht vom August 2020 über nicht gezahlte Löhne in Katar verwendet hatte. Der Tweet enthielt auch einen vermeintlichen YouTube-Link zu einer Veröffentlichung von Human Rights Watch.

Doch wie eine Analyse von Amnesty International ergab, führte der Link in Wirklichkeit zu einer verdächtigen URL, mit der die IP-Adresse und andere Daten der Person, die darauf klickt, aufgezeichnet werden kann. Das ist eine Social-Engineering-Taktik, die als Phishing bekannt ist und möglicherweise dazu verwendet wurde, Malcolm Bidali zu identifizieren oder zu lokalisieren. Katarische Sicherheitskräfte nahmen Malcolm Bidali am 4. Mai, kaum eine Woche nach der Phishing-Attacke, in seinem Haus fest.  

Gemäß der UN-Erklärung über Menschenrechtsverteidiger_innen sind die Regierungen verpflichtet, Menschenrechtsverteidiger_innen aktiv vor Schaden zu schützen und soziale und rechtliche Strukturen zu schaffen, die ein sicheres und unterstützendes Umfeld für ihre Arbeit bieten.

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